Donnerstag, 18. Oktober 2012

Filmkritik: Ring (2002)

Gore Verbinski gehört mit seinen Fluch der Karibik-Filmen inzwischen zu den zehn erfolgreichsten Regisseuren Hollywoods. Doch bereits ein Jahr bevor er Johnny Depp erstmals ins Piraten-Outfit steckte, machte der aus Tennessee stammende Filmemacher von sich reden: Sein Japan-Horror-Remake Ring (OT: The Ring) spielte weltweit 250 Millionen Dollar ein und feiert heute seinen zehnten Geburtstag.

US-Amerikanische Remakes von Filmen aus anderen Ländern sind unter Filmfans nicht gerade beliebt. Bei vielen Cineasten stößt es auf Unverständnis, warum in den USA Filme nicht auch in einer synchronisierten oder untertitelten Fassung vermarktet werden sondern stattdessen die Geschichte in einer „amerikanisierten“ Form neu erzählt wird. Jedoch können viele Gründe für ein Remake sprechen: Gerade bei asiatischen Produktionen sind die kulturellen Unterschiede zu den europäischen und nordamerikanischen Ländern in den Filmen deutlich spürbar, weshalb diese dort nur selten ein größeres Publikum anziehen.

Regisseur Gore Verbinski
Auch der japanische Horrorfilm Ringu von 1998, in dem jeder zu Tode kommt, der ein mysteriöses Videoband ansieht, schaffte es weder in den USA noch in den meisten europäischen Ländern in die Kinos und auch der Heimkinomarkt nahm sich des Filmes nicht an. Dass DreamWorks sich dazu entschied, ein Remake zu produzieren, lässt sich daher auch für das Original als Glücksfall bezeichnen: Erst nach der erfolgreichen Veröffentlichung von The Ring im Jahre 2002 wurde auch Ringu international bekannter und ist in Deutschland inzwischen unter dem Titel Ring – Das Original auf DVD erschienen. Es wäre traurig, wenn dies das einzige Positive wäre, das sich über das Remake sagen lässt, doch im Gegenteil: The Ring ist technisch und schauspielerisch besser als das Original, verschafft der Geschichte eine stärkere weibliche Hauptfigur und verzichtet auf die irritierenden hellseherischen Fähigkeiten der Protagonisten. Im Folgenden soll jedoch kein detaillierter Vergleich der beiden Fassungen vorgenommen werden, sondern Gore Verbinskis Remake als eigenständiges Werk betrachtet werden.

Naomi Watts
The Ring wirft den Zuschauer ohne einen Vorspann unmittelbar ins Geschehen. Zwei Teenager unterhalten sich über ein Video, dessen Betrachter angeblich nach sieben Tagen sterben soll. Was erst Grundlage einiger Witzeleien ist, wird schnell zu bitterem Ernst, als eines der beiden Mädchen zugibt, das Video gesehen zu haben und kurz darauf einen mysteriösen Tod erleidet. Ihre Tante, die Journalistin Rachel (gewohnt überzeugend gespielt von Naomi Watts), versucht daraufhin herauszufinden, was es mit dem seltsamen Band auf sich hat. Schnell wird klar, dass übernatürliche Dinge im Spiel sind und dass in den auf der VHS gezeigten surrealen Szenen Hinweise auf dessen Herkunft zu finden sind. Doch die Zeit ist knapp, denn nachdem Rachel das Video gesehen hat, bleiben auch ihr nur sieben Tage um das Rätsel zu lösen. Doch nicht nur ihr Leben steht auf dem Spiel: Auch ihr Ex-Mann Noah und der gemeinsame Sohn Aidan haben das Tape gesehen...

Von Anfang an fällt die hohe visuelle Qualität von The Ring auf, die Gore Verbinski zusammen mit Kameramann Bojan Bazelli (Mr. & Mrs. Smith) hier abliefert. Sinnvoll eingesetzte Tiefenschärfe, eine ruhige aber dynamische Kameraführung und die stimmungsvolle Farbgebung tragen stark zur Atmosphäre des Filmes bei. Vor allem einige Zeitrafferaufnahmen und das Video selbst, das fast dadaistische Züge annimmt, zeugen von der Kreativität des Regisseurs, der hier offensichtlich nicht nur irgendeinen durchschnittlichen Horrorstreifen abliefern will. Die Spannung wird auf klassische Weise vor allem dadurch erzeugt, wenig zu zeigen und den Zuschauer oft im Ungewissen darüber zu lassen, was passiert, ganz im Gegensatz zu anderen modernen Vertretern des Genres, die durch extreme Gewaltdarstellungen zu schocken versuchen. Untermalt wird das ganze von dem erfrischend zurückhaltenden Score von Hans Zimmer, der subtil die Spannung befeuert, anstatt mit ohrwurmträchtigen Melodien zu protzen. Nur der Drang einen finalen Twist abzuliefern führt zu einigen Logiklücken und wertet den Film am Ende leider doch noch etwas ab.

Insgesamt macht The Ring aber einfach Spaß. Die beeindruckenden Bilder, der stimmungsvolle Score und die durchgehend hohe Spannung sorgen für einen durchweg unterhaltsamen Kinoabend. Doch während das Abspanns tauchen dann doch zu viel Fragezeichen im Kopf des Zuschauers auf, als dass man von einem Horror-Meisterwerk sprechen könnte.

Urheber des Fotos von Gore Verbinski ist alotofmillion und es steht unter der Creative-Commons-Lizenz Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported (CC BY-SA 3.0). Urheber des Fotos von Naomi Watts ist Joella Marano und es steht unter der Creative-Commons-Lizenz Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 US-amerikanisch (nicht portiert) (CC BY-SA 2.0).