Freitag, 17. August 2012

Werkschau: Die Filme von Christopher Nolan

The Dark Knight Rises, der nun schon seit drei Wochen in den deutschen Kinos läuft, war erwartungsgemäß ein voller Erfolg. Inzwischen gehört Regisseur Christopher Nolan in den USA mit Einspielergebnissen von insgesamt über 1,5 Milliarden Dollar zu den zehn finanziell erfolgreichsten Regisseuren aller Zeiten – dabei hat der 42-Jährige bisher gerade mal acht Spielfilme veröffentlicht. Zeit, sich einmal das Gesamtwerk des in London geborenen Filmemachers anzuschauen.


Christopher Nolan
(sbclick, CC-BY-2.0)
Following (1998)
Nach einigen Kurzfilmen produzierte Nolan seinen ersten abendfüllenden Spielfilm noch mit einem bescheidenen Budget von 6.000 $ und mit der Hilfe von Freunden und Familie. In Following verfolgt der erfolglose Schriftsteller Bill fremde Leute, um Inspiration für seine Arbeit zu bekommen. Eines Tages wird er dabei jedoch von dem zwielichtigen Einbrecher Cobb erwischt. Die beiden freunden sich an und Bill willigt ein, ein paar Einbrüche mit Cobb zu machen. Doch dann lernt er eine mysteriöse Blonde kennen, die ihn warnt, Cobb nicht zu vertrauen...
Wie auch Christopher Nolans spätere Werke ist Following extrem spannend und die niedrigen Produktionskosten wirken sich in keinem Moment negativ aus. Die nicht-chronologische Erzählweise dieses am Film Noir orientierten Thrillers ist, im Gegensatz zum späteren Memento, jedoch nicht durch die Handlung motiviert und wirkt daher wie ein recht willkürlicher Kniff, um die doch ziemlich konventionelle Story etwas aufzupeppen. Auch die Auflösung ist ein wenig konstruiert. Für ein Debüt jedoch beeindruckend und durchaus sehenswert.

Memento (2001)
In Christopher Nolans erstem von einem größeren Studio vertriebenen Film spielt Guy Pierce einen Mann, der den Mord an seiner Frau rächen will. Da er aber an einer speziellen Form der Amnesie leidet, ist er nicht in der Lage, neue Erinnerungen zu speichern und muss daher alle Informationen, die er hat, aufschreiben und die wichtigsten auf seinen Körper tätowieren. Doch woher weiß man, wem man trauen kann, wenn man alle, die sich als Freunde ausgeben, immer wieder zum ersten Mal trifft?
Nolan bedient sich in diesem Film eines außergewöhnlichen Stilmittels: Der Film springt zwischen zwei Handlungssträngen hin und her. Während der erste (in schwarz/weiß gedrehte) chronologisch erzählt wird, ist der zweite (farbige) in einer umgekehrt chronologischen Reihenfolge montiert. Hierdurch teilt der Zuschauer mit dem Protagonisten die Erfahrung, immer wieder in Szenen "aufzuwachen" ohne zu wissen, was kurz vorher passiert ist. Am Ende treffen sich die beiden Handlungsstränge in einer verstörenden Auflösung. Durch diese einmalige Seherfahrung und die gut durchdachte Story gehört Memento zu den besten Filmen, die Nolan bisher verwirklicht hat.

Insomnia – Schlaflos (2002)
In diesem Remake eines schwedischen Thrillers spielt Al Pacino einen Polizisten, der in Alaska einen Mordfall aufklären soll. Da gerade Mitternachtssonne herrscht, leidet der Ermittler jedoch an Schlaflosigkeit, die zu folgenschweren Fehlern führt...
Insomnia ist ein gut gemachter zwischen Melancholie und Spannung balancierender Thriller, der jedoch ein paar Längen aufweist und im Gegensatz zum restlichen Werk Nolans überraschend konventionell ist. Positiv herauszuheben sind allerdings die schauspielerischen Leistungen von Al Pacino und Robin Williams.

Batman Begins (2005)
Mit dem ersten Film von Nolans "Dark Knight"-Trilogie beweist der Regisseur, dass man eine Comic-Verfilmung auch durchaus ernst nehmen kann. Die Geschichte, die sich vor allem darauf konzentriert, wie Bruce Wayne zu Batman wurde, fesselt und fasziniert, lediglich an einigen Stellen reiben sich ein wenig die teils skurrilen Charaktere (z.B. Scarecrow, ein Bösewicht mit Kartoffelsack-Maske) und der Ernst der Umsetzung. Dies ändert aber nicht, dass Batman Begins durch Geradlinigkeit und heroischem Pathos zu den besten Comic-Verfilmungen der Filmgeschichte gehört.

Prestige – Die Meister der Magie (2006)
Ende des 19. Jahrhunderts in London: Zwei befreundete Zauberer zerstreiten sich und versuchen sich in Folge mit ihren Tricks zu übertrumpfen. Dafür schrecken beide Männer nicht vor den grausamsten Methoden zurück...
Ein gelungener Historienfilm mit Science-Fiction-Elementen über zwei Männer, die die Möglichkeit eines normalen Lebens ihrer Leidenschaft opfern, das Publikum zu verzaubern. Eine Geschichte, die natürlich auch als Metapher auf die Arbeit des Regisseurs lesbar ist. Und Nolan schafft es tatsächlich zu verzaubern mit diesem bis in die Nebenrollen perfekt besetzten Film.

The Dark Knight (2008)
Der zweite Teil der Batman-Saga ist der bisher erfolgreichste Film Nolans mit Einnahmen von über 500 Millionen Dollar alleine in den Vereinigten Staaten. Batman bekommt es mit dem Joker zu tun, einem unberechenbaren Bösewicht, der es nicht auf das große Geld abgesehen hat, sondern darauf, Gotham City ins Chaos zu stürzen. Batman beginnt seine eigenen moralischen Regeln zu verletzen, als der Joker den Konflikt auf eine persönliche Ebene hebt...
The Dark Knight fesselt vor allem durch die Unberechenbarkeit des Jokers, der, grandios gespielt von Heath Ledger, Batman beinahe die Show stiehlt. Durch beeindruckende Actionszenen und eine hochgradige Spannung fesselt der zweite Teil zwar noch deutlich mehr als sein Vorgänger, lässt allerdings ein wenig die ruhigeren Momente vermissen. Auch wenn The Dark Knight für viele Nolans Meisterwerk ist, macht er den ersten Teil daher keinesfalls überflüssig.

Inception (2010)
Ein Geschäftsmann wird überwältigt und zusammen mit einem Team aus sechs Leuten an eine Maschine angeschlossen, die gemeinsames Träumen ermöglicht. Auf vier parallel ablaufenden Traumebenen, die sich gegenseitig beeinflussen, wird nun versucht, diesem eine Idee in sein Gedächtnis einzupflanzen: Dass er das von seinem Vater geerbte Unternehmen auflösen muss.
Hochgradige Spannung, bahnbrechende Actionszenen und eine komplexe Story machen Inception vor allem im Kino zu einem einmaligen Erlebnis. Doch bei genauerem Hinsehen ist die Geschichte über das Eintauchen in immer tiefere Traumebenen erstaunlich mehrdimensional: So lässt sie sich sowohl als eine moderne Abwandlung des antiken Motivs der Reise in die Unterwelt sehen als auch als einen an die Psychologie C. G. Jungs angelehnte Geschichte über die Notwendigkeit, sich seinem Unbewussten zu stellen. Durch die vielen Interpretationsmöglichkeiten und die philosophischen Themen ist Inception meiner Meinung nach der bisher beste von Nolans Action-Filmen. 

The Dark Knight Rises (2012) 
Auch in Nolans bisher letztem Film gibt es Action am laufenden Band: Batman ist eigentlich im Ruhestand, doch als der furchteinflößende Bane auftaucht, um Gotham City dem Erdboden gleich zu machen, schlüpft Bruce Wayne ein letztes Mal in seinen Anzug. Wie bereits in meiner Kritik erläutert ein eher enttäuschender Abschluss der Batman-Reihe, der zwar durchaus unterhält und auch einige sehr starke Szenen zu bieten hat, aber im Endeffekt an seinem für Nolans Verhältnisse unterdurchschnittlichem Drehbuch krankt.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass Christopher Nolans Filme, ob mit oder ohne Action, immer eine fesselnde Angelegenheit sind und sich durch kreative Einfälle und intelligente Geschichten deutlich von anderen Thrillern und Action-Filmen der letzten Jahrzehnte abheben. Auch wenn Nolan damit noch nicht in der selben Liga spielt wie z.B. Alfred Hitchcock oder Stanley Kubrick, so gehört er doch zu meinen absoluten Lieblingsregisseuren. Ich persönlich hoffe, dass sich Nolan nach drei Action-Krachern in Folge als nächstes wieder eine etwas ruhigere Geschichte à la Memento oder Prestige widmen wird.